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Joans and Jean-Jacques Lebel in New York in 1961 with a
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Ted Joans und Jean-Jacques Lebel 1961 in New York mit einer "Bombe", die zur Skulptur umfunktioniert werden sollte / Ted Joans and Jean-Jacques Lebel in New York in 1961 with a "bomb" that was to be repurposed as a sculpture © Jean-Jacques Lebel, VG-Bild-Kunst, Bonn 2024

München: Aber hier leben? Nein danke. Surrealismus + Antifaschismus Neu

https://www.lenbachhaus.de/programm/ausstellungen/...


15.10.2024 - 02.03.2025
Lenbachhaus Luisenstraße 33 80333 München
**Der Surrealismus war eine politische Bewegung mit internationaler Reichweite und einem klaren internationalen Engagement.** Obwohl seine Wurzeln in der Kunst und Literatur lagen, ging er weit über beide Bereiche hinaus. Die Surrealisten erklärten die Realität für unzureichend und hatten das Ziel, die Gesellschaft radikal zu verändern und das Leben neu zu gestalten.

Bereits zu Beginn der Bewegung in den 1920er Jahren wandten sich die Surrealisten gegen das europäische Kolonialprojekt. Sie organisierten Widerstand gegen den Faschismus, kämpften im Spanischen Bürgerkrieg, riefen Wehrmachtssoldaten zu Sabotageaktionen auf, wurden in Lagern festgehalten, verfolgt, flohen aus Europa und starben im Krieg. Sie schrieben Gedichte, schufen Bilder und kollektive Zeichnungen, machten Fotografien, stellten Collagen zusammen und organisierten Ausstellungen – alles, um eine vermeintlich rationale Sprache in einer scheinbar rationalen Welt zu dekonstruieren. Die „pathetische“ imaginäre Welt der Alltags-politik sollte keinen Zugang zu ihrer Kunst erhalten.

Die Regierung und Besetzung durch faschistische Parteien in Europa und weltweit, sowie die Weltkriege und Kolonialkriege prägten den Surrealismus zu seiner Entstehungszeit und zwangen die Leben seiner Protagonisten auf unvorhersehbare Bahnen. Gleichzeitig führten diese Umwälzungen zu bemerkenswerten Begegnungen und Aktionen internationaler Solidarität, die von Prag über Coyoacán in Mexiko-Stadt, von Kairo nach republikanischem Spanien, von Marseille nach Fort-de-France auf Martinique, von Puerto Rico und Paris nach Chicago und zurück reichten. Surrealistisches Denken und Handeln geschah, wie auch heute, an verschiedenen Orten gleichzeitig. Daher ist die Ausstellung nicht als didaktische, lineare Erzählung organisiert, sondern in mehrere Episoden gegliedert, die wie eine Landkarte angeordnet sind. Ziel ist es, den Surrealismus als die umstrittene, vernetzte und politisierte Bewegung sichtbar zu machen, wie ihn seine Protagonisten verstanden.

Innerhalb ihrer künstlerischen Arbeit forderten die Surrealisten eine absolute Freiheit, die die gesamte Gesellschaft durchdringen sollte. Ihr Verständnis von Freiheit stand im Gegensatz zur faschistischen Freiheit: der Freiheit zu befehlen und zu gehorchen. Für die Surrealisten bedeutete Emanzipation eine Lebensweise, deren Rhythmus nicht von Lohnarbeit bestimmt war und deren Ziele über das glorifizierte Vaterland und grenzenlosen Profit hinausgingen. Sie bedauerten die verkümmerte Vorstellungskraft einer Gesellschaft, in der Kunst und Poesie zu exzentrischen Aktivitäten verkommen waren. „Wenn jemand uns sagt, dass unsere Gegenwart andere Dinge im Kopf hat als das Schreiben von Poesie, werden wir antworten: ‚Das haben wir auch!‘“, schrieb ein Mitglied von La Main à plume, einer Gruppe, die im Widerstand im besetzten Paris kämpfte und heimlich Gedichtbände veröffentlichte.

Gerade wegen dieser konstitutiven, aber offenen Beziehung zwischen Kunst und Politik beriefen sich später Bewegungen immer wieder auf den Surrealismus. So wurde er etwa während der Proteste von 1968 und von Vertretern der Black Liberation Movement als Methode aufgegriffen, die oft ganz selbstverständlich mit emanzipatorischen Zielen verbunden war. Die Ausstellung im Lenbachhaus versteht sich als Zusammenführung von Versuchen, einen noch eng gefassten und politisch trivialisierten Surrealismus-Kanon zu überarbeiten. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit unserem Publikum neue Antworten auf die Frage „Was ist Surrealismus?“ zu finden.


Mit Werken und Texten von: Manuel Álvarez Bravo, Art & Liberté, Die Badewanne, Enrico Baj, Georges Bataille, Hans Bellmer, Erwin Blumenfeld, Victor Brauner, André Breton, Claude Cahun und Marcel Moore, Leonora Carrington, Aimé Césaire, Suzanne Césaire, Chicago Surrealists, Laura Corsiglia, Jayne Cortez, Roberto Crippa, Robert Desnos, Óscar Domínguez, Gianni Dova, Paul Éluard, Max Ernst, Erró, Esteban Francés, Eugenio Granell, Groupe Octobre, John Heartfield, Jindich Heisler, Jacques Hérold (geb. Herold Blumer), Kati Horna, Pierre Jahan, Ted Joans, Germaine Krull, Erich Kahn, Marion Kalter, Wifredo Lam, Heinz Lohmar, Jean-Jacques Lebel, Dyno Lowenstein, Dora Maar, René Magritte, La Main à plume, André Masson, Roberto Matta, China Miéville, Lee Miller, Joan Miró, Amy Nimr, Wolfgang Paalen, Ronald Penrose, Pablo Picasso, Antonio Recalcati, Ré Soupault, Jindich Štyrský, Yves Tanguy, Karel Teige, Toyen, Raoul Ubac, Remedios Varo, Wols

Eingetragen am: Samstag, 28.09.2024
Letzte Änderung: Sonntag, 29.09.2024


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